Marie-Luise Mayer: Essen als Gesellschaftsspiel
Der Sinn des Essens läßt sich in der zivilisierten Gesellschaft längst nicht mehr auf den Stoffwechsel reduzieren. In der europäischen Überfluß- und Erlebnisgesellschafft ist genau das Gegenteil der Fall ,es geht meistens um die Lust an Ritual und Symbolik. Die Form der Nahrungsaufnahme ist zum Spiegel sozialer Verhältnisse geworden. (Cultural performances)
Um bei einer solchen Inzenierung mitwirken zu können, muss man das Zeichensystem verstehen und die allgemein menschlichen Gesetze gegenseitiger Rücksichtnahme sowie deren Verfeinerungen kennen.
Angelika Oswald: Unser Material ist Fleisch
Aufgrund des konsequent eingehaltenen Tabus des Menschenfleischessens (im Gegensatz zum Töten), wird die Herrschaft über das menschliche Fleisch an anderen Orten ausgeübt (Finesscenter, Modejournal, wissenschaftliches Labor …). Die Hirachie des Fleisches ist präsent. »Gegessen werden« als Synonym für Geschlechtsverkehr, »und das Wort ward Fleisch geworden …« > Sprache als lautgewordene Beschreibung unserer Beziehungen.
Kirschmichel, Strammer Max, Negerküsse, Amerikaner, Berliner,Schneckennudeln, Teebusserl, Katzenzungen;
kandierte Kirsche auf der Torte als Verweis auf weibl. Brustwarze, Hot Dog (Ketchup/Blut)
Montag, 12. Januar 2009
Die große Enzyklopädie – Essen und Trinken von A–Z
Die große Enzyklopädie – Essen und Trinken von A–Z
aus: Kunstforum International Bd. 160, Juni–Juli 2002
Vorstellung einer Vielzahl an künstlerischen Arbeiten die unmittelbar mit dem Tema Essen zu tun haben.
aus: Kunstforum International Bd. 160, Juni–Juli 2002
Vorstellung einer Vielzahl an künstlerischen Arbeiten die unmittelbar mit dem Tema Essen zu tun haben.
Lina Lorenz: Diplomarbeit: Die Gesellschaftsfunktion des Essens im Jahr 2000 im ruralen Raum sozial und zivilisatorisch betrachtet
Funktion des Essens:
zur Hungerstillung
zur Erfüllung von gesellschaftlichen und religiösen Vorschriften
als Methode der sozialen Positionierung
als Symbolträger für Kommunikation
»Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen« > psychologische Wirkung von Essen
Essen, Trinken und Liebe gehören auf vielseitige Weise zusammen. (zt. Gert von Pacensky/Anna Dünnebier)
Genossen wird auch das Begehren des Anderen, des Liebesobjekts, das mit dem Essakt assoziiert wird. Es entspricht dem Genießen, das sich beim Füttern einer Katze oder eines Babies einstellt. Man ist mehr als bloß Futterverteiler, man nährt um Begehren zu genießen, um etwas zu represäntieren, was dem anderen mangelt.
Essen als Sich-zu-eigen-machen, die lustvolle Einverleibung der Nahrung bildet das Modell jeder späteren identifizierung.
Jmd. Fressen oder zum Fressen gernhaben > Vorstellung, dass man sich mit der leibl. Substanz des Opfers auch dessen Eigenschaften zu Eigen macht. (Claus Dieter Rath; »Die anständige Lust«) > Kannibalismus, hl. Kommunion
zur Hungerstillung
zur Erfüllung von gesellschaftlichen und religiösen Vorschriften
als Methode der sozialen Positionierung
als Symbolträger für Kommunikation
»Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen« > psychologische Wirkung von Essen
Essen, Trinken und Liebe gehören auf vielseitige Weise zusammen. (zt. Gert von Pacensky/Anna Dünnebier)
Genossen wird auch das Begehren des Anderen, des Liebesobjekts, das mit dem Essakt assoziiert wird. Es entspricht dem Genießen, das sich beim Füttern einer Katze oder eines Babies einstellt. Man ist mehr als bloß Futterverteiler, man nährt um Begehren zu genießen, um etwas zu represäntieren, was dem anderen mangelt.
Essen als Sich-zu-eigen-machen, die lustvolle Einverleibung der Nahrung bildet das Modell jeder späteren identifizierung.
Jmd. Fressen oder zum Fressen gernhaben > Vorstellung, dass man sich mit der leibl. Substanz des Opfers auch dessen Eigenschaften zu Eigen macht. (Claus Dieter Rath; »Die anständige Lust«) > Kannibalismus, hl. Kommunion
Speisen, Schlemmen, Fasten – Eine Kulturgeschichte des Essens
Eckart Kleßmann: Von Austern und Champagner augemuntert –
Casanovas kulinarische Erotik
Casanova verführte reihenweise Damen mit Austern und Champgner. Er war der überzeugung, dass ein sicherer Weg zum Gewinnen der Liebe eines Menschen der ist, Ihm irgendwelche neuen Freuden zu verschaffen.
Erotik bedeutete für Casanova zeitlebens eine harmonische Verbindung von zärtlichem liebesspiel und dem Genuss erlesener Speisen und Weine, und so wundert es nicht, dass er immer wieder kleine Soupers erwähnt, die der Liebesnacht zur Einstimmung dienten. Das gemeinsame Bad und gemeinsame Souper waren für Casanova unerläßliche Bestandteile eines vollkommenen Liebesspiels.
Casanovas kulinarische Erotik
Casanova verführte reihenweise Damen mit Austern und Champgner. Er war der überzeugung, dass ein sicherer Weg zum Gewinnen der Liebe eines Menschen der ist, Ihm irgendwelche neuen Freuden zu verschaffen.
Erotik bedeutete für Casanova zeitlebens eine harmonische Verbindung von zärtlichem liebesspiel und dem Genuss erlesener Speisen und Weine, und so wundert es nicht, dass er immer wieder kleine Soupers erwähnt, die der Liebesnacht zur Einstimmung dienten. Das gemeinsame Bad und gemeinsame Souper waren für Casanova unerläßliche Bestandteile eines vollkommenen Liebesspiels.
Jean-Claude Kaufmann: Kochende Leidenschaft – Soziologie vom Kochen und Essen
Familienkonstruktionen:
Wichtig ist die Kommunikation bei Tisch, wobei es darauf ankommt, wie gesprochen wird. Man muss sich so organisieren, dass die Münder nicht nur hinunterschlingen, sondern dass auch gesprochen wird, das Raum besteht um über Schule und Arbeit sprechen zu können, aber nicht allzu lebhafte Gespräche entstehen sollten, die sonst im Streit münden könnten.
Gemeinsames Essen als Moment der Entspannung, Mahlzeit nicht nur die Funktion das Kommunikationsbedürfnis zu befriedigen, sondern schafft dem Individum Geborgenheit in der Gruppe. Das Gespräch soll also nicht zu weit gehen und sich an bestimmte Codes halten, damit das seelische Gleichgewicht der Teilnehmenden erhalten wird bzw. hergestellt werden kann. Konflikte bei Tisch sollten vermieden werden, Themen wie z.B politische vermieden werden.
Wenn kein Gesprächsthema gefunden werden kann, tritt meistens der Fernseher in Kraft, überdeckt die Unzulänglichkeiten und sorgt für Entspannung. Auslöser für Kommentare oder Hintergrundgeräuscheerzeuger.
Liebe geht durch den Magen
Gemeinsame Mahlzeit als Augenblick wo alle an den Tisch kommen, Esser bemerken die geleistete Arbeit und drücken Respekt und Achtung vor dieser aus; durch die Zauberkraft des Kochens, wird die Liebe manchmal auf sehr konkrete Weise geformt. Herstellung von Familie durch Kochen, Leidenschaftliches Kochen als Ersatzsprache im Gegensatz zu pragmatischer Tätigkeit.
Wichtig ist die Kommunikation bei Tisch, wobei es darauf ankommt, wie gesprochen wird. Man muss sich so organisieren, dass die Münder nicht nur hinunterschlingen, sondern dass auch gesprochen wird, das Raum besteht um über Schule und Arbeit sprechen zu können, aber nicht allzu lebhafte Gespräche entstehen sollten, die sonst im Streit münden könnten.
Gemeinsames Essen als Moment der Entspannung, Mahlzeit nicht nur die Funktion das Kommunikationsbedürfnis zu befriedigen, sondern schafft dem Individum Geborgenheit in der Gruppe. Das Gespräch soll also nicht zu weit gehen und sich an bestimmte Codes halten, damit das seelische Gleichgewicht der Teilnehmenden erhalten wird bzw. hergestellt werden kann. Konflikte bei Tisch sollten vermieden werden, Themen wie z.B politische vermieden werden.
Wenn kein Gesprächsthema gefunden werden kann, tritt meistens der Fernseher in Kraft, überdeckt die Unzulänglichkeiten und sorgt für Entspannung. Auslöser für Kommentare oder Hintergrundgeräuscheerzeuger.
Liebe geht durch den Magen
Gemeinsame Mahlzeit als Augenblick wo alle an den Tisch kommen, Esser bemerken die geleistete Arbeit und drücken Respekt und Achtung vor dieser aus; durch die Zauberkraft des Kochens, wird die Liebe manchmal auf sehr konkrete Weise geformt. Herstellung von Familie durch Kochen, Leidenschaftliches Kochen als Ersatzsprache im Gegensatz zu pragmatischer Tätigkeit.
Helene Karmasin: Die geheime Botschaft unserer Speisen – was Essen über uns aussagt
Essen als Sprache, in der wir uns über zentrale Werte unserer Gesellschaft verständigen.
Wir setzen sie ein Wir setzen sie ein um Beziehungen anzuknüpfen oder zu stabilisieren, um Respekt und Liebe zu bezeugen, um das Festliche vom Profanen abzusetzten, um uns zu trösten und aufzubauen, um auszudrücken wer wir sind und wer wir ganz bestimmt nicht sind um Menschen in unsere Gemeinschaft miteinzubeziehen oder sie auszugrenzen.…
die Küche als Kommunikationssystem
Es geht darum eine Mahlzeit zu gestalten, dh. nicht nur zu kochen, sondern eine Tischgemeinschaft zu etablieren. es geht um Prestige, Lob, um Beeindruckung, um die Erfüllung weiblicher Pflichten, um die Rollen von Gast & Gastgeber, um die Gestaltung der richtigen Botschaft die man durch das Essen vermittelt.
Wir wählen und kombinieren Nahrungsmittel so, daß sie Botschaften und Bedeutungen vermitteln können. Wir setzen die Küche in der Art einer Sprache ein, als ein Kommunikations und Zeichensystem. Systeme dieser Art sind deshalb faszinierend, weil sie mit großer Sicherheit Bedeutungen transportieren, aus denen sich wiederum soziale Konsequenzen ergeben. In ihnen wird unmittelbar deutlich wie Kultur funktioniert.
Werbung: Konsum im 20. Jhdt. als kulturelles Projekt. Konsumgüter dienen neben der Nutzbarkeit dazu Identität zu geben, unsere soziale und weltanschauliche Position zu unterstreichen, Anerkennung zu finden, Unterschiede zu dokumentieren, kulturelle Ideale sichtbar zu machen. Sie stellen Zeichen und Botschaften dar, die die Werbung verstärkt und dadurch sichtbar macht.
Bsp. Iglo-Kampagne:
Neben Attraktivierung des Nahrungsmittels, das anhand von Bildsprache, Zeichen und Symbolen, Bedeutungen und Werte, die unserem kulinarischen System zugeschrieben werden, müssen Defizite beseitigt werden, die z.B industriell hergestellte Produkte haben können: nicht liebevoll genug, nicht natürlich genug … (Iglo-Zwerge)
IGLO ZWERGE
Geschlechterkonstruktionen:
Funktionenverteilung, Aufgabe der Frau, für die Bedürfnisse des Haushalts zu sorgen und Nahrung für den privaten Bereich herzustellen; Mann zuständig für die Bewirtung von Gästen, außerhalb des Hauses, die den Haushalt in seiner sozialen Position absichert.
Einteilung von Nahrung in männlich und weiblich:
Männlich: Fleisch, hart, beissen, aktive Nahrungsaufnahme, Hauptspeise
Weiblich: Gemüse, weich, Farbe, Gesundheit, friedliche und pflanzenhafte Natur, Süßes, Nachspeisen, schlappern, passive, narzisstische Nahrungsaufnahme, Nahrungsaufnahme ohne Zähne –Verbindung mit Tost, Liebe, Verwöhnen, Nachspeise
Produktdesign:
Produkte die dem Bedürfnis gerecht werden > Waffeln, kleine Kekse, weicher Kern, umgeben von leicht knuspriger Hülle, kleine Stückechen, sodass man das Gefühl hat, sich selbst zu füttern > man ist nicht ganz passiv dem Genuß hingegeben, aber auch nicht voll aktiv seiner Umwelt zugewandt.
Im Gegensatz dazu: Riegel als männliche Produkte: beissen, kauen, Kraft und Sättigung, in der Werbung werden vornehmlich Männer gezeigt.
Zucker als deutlichster Gegensatz zu Fleisch:
Kleine Kunstwerke in Form von Torten und Süßwaren, Pralinen (einzeln verpackt wie kleine Geschenke), man verwöhnt sich damit, tröstet, belohnt Kinder etc.
> es geht also nicht um das Stillen von Hunger, sondern um das Markieren und Präsentieren innerer Zustände.
>> Beilagen zu Fleisch perfekte Harmonie von zwei sozialen und biologischen Einheiten:
Mann & Frau.
Gewürze:
gewürzten Speisen wird eine aufreizende, stimulierende Wirkung zugeschrieben. Scharfgewürzt: hot, wobei hot auch für ein feuriges Temperament und erotische Aufgeschlossenheit steht. Pfefferoni, Chili & Paprika, die Leidenschaft und Feuer schon durch ihre rote Farbe signalisieren. (ungarische Frauen gelten in der Oper & Operette als besonders leidenschaftlich, Ungarn schwingt als Stereotyp des fremden Volkes mit, das frei von bürgerichen Zwängen lebt und eine lockere, aber auch gefahrbringende Sexualität entwickelt > Carmen)
Die Kochbücher des 19. Jhdts. empfahlen die Speisen für Dienstboten auf keinen Fall zu scharf zu würzen, da sonst ihr sexueller Apetit angeregt wurde. Ähnliches wurde für Damen empfohlen.
Warme & kalte Speisen:
Gegensatz der Temperatur analog zu anderen Gegensätzen: vertraut und fremd, Liebe und Distanz, hochrangig und alltäglich
ernährungspsychologisch läßt es sich kaum rechtfertigen, täglich eine warme Mahlzeit zu sich nehmen zu müssen.
Eine wichtige Person erfordert Wärme, Kochen, ein bißchen Aufwand, Gemeinschaft wird eher durch Warmes als durch kaltes essen gefördert.
Mahlzeit als sozialer Akt:
sie macht Beziehungen und Verpflichtungen deutlich, die die Teilnehmer zueinander halten. Eine Tischgemeinschaft ist eine besondere Form der Gemeinschaft. Kein Essen wird dem Zufall überlassen, jede Gesellschaft kennt Regelungen darüber wann man ist, was man zu den einzelnen Gelegenheiten isst, wo man isst, wie Speisen serviert werden, wer kocht, wer an der Mahlzeit teilnimmt.
Eucharistie als sakrale Tischgemeinschaft, bei der Brot und Wein in den Leib und das Blut Christi verwandelt werden. Die Gläubigen werden durch den Akt des Essens Angehörige der sozialen Kirchengemeinde. > Gott und die Gemeinschaft werden über den Körper erfahren (Mittelalter)
Spezielle Mahlzeiten bei rituellen Festen, bei den es Speisen gibt die nur zu diesem Zeitpunkt gegessen werden (Fondue, Geburtstags/Hochzeitstorte) mit speziellem Geschirr, spezieller Menüreihenfolge, feierliche Konzentration auf den Akt des Essens
Ornamentale Küche:
Eis, heiße Liebe, Mischung von hellen und dunklen Sorten (Prinzip Männlich/Weiblich), Anordnung, Pralinen
die ornamentale Küche kommt zum Einsatz, wenn wir eine wichtige Botschaft an andere Personen vermitteln wollen. Sie stellt einen Code bereit, der kollektiv verstanden wird.


Torten als weibliche Speise mit weiblichen Zutaten: Zucker, Mehl, Eier, Fett
werden durch weibliches Zubereitungsverfahren erzeugt (backen), sind weich und ohne Messer zu essen, man braucht sie kaum kauen. Begriffsreihen wie fest, Übergangsritus, lustvolles Schlemmen ist in unserem Bewußtsein weiblich konotiert. Zudem folgen Torten dem Prinzip der ornamentalen Küche: Schichten, Kontraste, üppiges Dekor
stellen auch Gemeinschaft her, sind rund, werden gemeinschaftlich gegessen, signalisieren dass der einzelne in der Gesellschaft einen wichtigen Platz hat, Torten werden für ein Individuum gebacken und sind oft auch individuell: Maripanbotschaften und Namensschilder


selbiges Prinzip bei der Tiernahrung:
Bsp. Sheba, Werbung humanisiert, Katze als Bedeutungsträger von immerwährender Liebe und Treue
Nahrung geben heisst Liebe geben, das Futter wird zur Menschenspeise, die Speise zur Hochküche inszeniert.
In der Werbung Darstellung als Liebesmahl, mit romantischer Musik, Frau und Katze scheinen sich zu küssen, Werbung möchte, das wir eine möglichst emotionale Beziehung zum Produkt aufbauen.
SHEBA
Staatsbankett und Restaurants:
Sitzordnung meist wichtiger als das Essen selbst (wie früher in der Kirche), prestigeordnung durch spezielle Behandlung
Convinience-Produkte: Werbung muss kommunizieren, dass Zeit und Mühe gespart wird, aber die Produkte dennoch liebevoll und verantwortungsbewußt sind.
Außerdem oft Anpreisung mit hochrangigen oder sehr emotionalen Esssituationen. (Dr. oetker-Pizza: Mann und Frau versunken zu italienischer opernmusik, im Sinne eines Liebesmahls)
DR. OETKER RISTORANTE
Werthers Echte und Storck Riesen:
Mit dem Produkt kauft man sich zugleich ein Stückchen liebevolle Welt:
Erinnerung an den Geschmack der Bonbons zu kindlicher Zeit, sowie an die Liebe des Großvaters.
STORCK RIESEN
WERTHERS ECHTE
Wir setzen sie ein Wir setzen sie ein um Beziehungen anzuknüpfen oder zu stabilisieren, um Respekt und Liebe zu bezeugen, um das Festliche vom Profanen abzusetzten, um uns zu trösten und aufzubauen, um auszudrücken wer wir sind und wer wir ganz bestimmt nicht sind um Menschen in unsere Gemeinschaft miteinzubeziehen oder sie auszugrenzen.…
die Küche als Kommunikationssystem
Es geht darum eine Mahlzeit zu gestalten, dh. nicht nur zu kochen, sondern eine Tischgemeinschaft zu etablieren. es geht um Prestige, Lob, um Beeindruckung, um die Erfüllung weiblicher Pflichten, um die Rollen von Gast & Gastgeber, um die Gestaltung der richtigen Botschaft die man durch das Essen vermittelt.
Wir wählen und kombinieren Nahrungsmittel so, daß sie Botschaften und Bedeutungen vermitteln können. Wir setzen die Küche in der Art einer Sprache ein, als ein Kommunikations und Zeichensystem. Systeme dieser Art sind deshalb faszinierend, weil sie mit großer Sicherheit Bedeutungen transportieren, aus denen sich wiederum soziale Konsequenzen ergeben. In ihnen wird unmittelbar deutlich wie Kultur funktioniert.
Werbung: Konsum im 20. Jhdt. als kulturelles Projekt. Konsumgüter dienen neben der Nutzbarkeit dazu Identität zu geben, unsere soziale und weltanschauliche Position zu unterstreichen, Anerkennung zu finden, Unterschiede zu dokumentieren, kulturelle Ideale sichtbar zu machen. Sie stellen Zeichen und Botschaften dar, die die Werbung verstärkt und dadurch sichtbar macht.
Bsp. Iglo-Kampagne:
Neben Attraktivierung des Nahrungsmittels, das anhand von Bildsprache, Zeichen und Symbolen, Bedeutungen und Werte, die unserem kulinarischen System zugeschrieben werden, müssen Defizite beseitigt werden, die z.B industriell hergestellte Produkte haben können: nicht liebevoll genug, nicht natürlich genug … (Iglo-Zwerge)
IGLO ZWERGE
Geschlechterkonstruktionen:
Funktionenverteilung, Aufgabe der Frau, für die Bedürfnisse des Haushalts zu sorgen und Nahrung für den privaten Bereich herzustellen; Mann zuständig für die Bewirtung von Gästen, außerhalb des Hauses, die den Haushalt in seiner sozialen Position absichert.
Einteilung von Nahrung in männlich und weiblich:
Männlich: Fleisch, hart, beissen, aktive Nahrungsaufnahme, Hauptspeise
Weiblich: Gemüse, weich, Farbe, Gesundheit, friedliche und pflanzenhafte Natur, Süßes, Nachspeisen, schlappern, passive, narzisstische Nahrungsaufnahme, Nahrungsaufnahme ohne Zähne –Verbindung mit Tost, Liebe, Verwöhnen, Nachspeise
Produktdesign:
Produkte die dem Bedürfnis gerecht werden > Waffeln, kleine Kekse, weicher Kern, umgeben von leicht knuspriger Hülle, kleine Stückechen, sodass man das Gefühl hat, sich selbst zu füttern > man ist nicht ganz passiv dem Genuß hingegeben, aber auch nicht voll aktiv seiner Umwelt zugewandt.
Im Gegensatz dazu: Riegel als männliche Produkte: beissen, kauen, Kraft und Sättigung, in der Werbung werden vornehmlich Männer gezeigt.
Zucker als deutlichster Gegensatz zu Fleisch:
Kleine Kunstwerke in Form von Torten und Süßwaren, Pralinen (einzeln verpackt wie kleine Geschenke), man verwöhnt sich damit, tröstet, belohnt Kinder etc.
> es geht also nicht um das Stillen von Hunger, sondern um das Markieren und Präsentieren innerer Zustände.
>> Beilagen zu Fleisch perfekte Harmonie von zwei sozialen und biologischen Einheiten:
Mann & Frau.
Gewürze:
gewürzten Speisen wird eine aufreizende, stimulierende Wirkung zugeschrieben. Scharfgewürzt: hot, wobei hot auch für ein feuriges Temperament und erotische Aufgeschlossenheit steht. Pfefferoni, Chili & Paprika, die Leidenschaft und Feuer schon durch ihre rote Farbe signalisieren. (ungarische Frauen gelten in der Oper & Operette als besonders leidenschaftlich, Ungarn schwingt als Stereotyp des fremden Volkes mit, das frei von bürgerichen Zwängen lebt und eine lockere, aber auch gefahrbringende Sexualität entwickelt > Carmen)
Die Kochbücher des 19. Jhdts. empfahlen die Speisen für Dienstboten auf keinen Fall zu scharf zu würzen, da sonst ihr sexueller Apetit angeregt wurde. Ähnliches wurde für Damen empfohlen.
Warme & kalte Speisen:
Gegensatz der Temperatur analog zu anderen Gegensätzen: vertraut und fremd, Liebe und Distanz, hochrangig und alltäglich
ernährungspsychologisch läßt es sich kaum rechtfertigen, täglich eine warme Mahlzeit zu sich nehmen zu müssen.
Eine wichtige Person erfordert Wärme, Kochen, ein bißchen Aufwand, Gemeinschaft wird eher durch Warmes als durch kaltes essen gefördert.
Mahlzeit als sozialer Akt:
sie macht Beziehungen und Verpflichtungen deutlich, die die Teilnehmer zueinander halten. Eine Tischgemeinschaft ist eine besondere Form der Gemeinschaft. Kein Essen wird dem Zufall überlassen, jede Gesellschaft kennt Regelungen darüber wann man ist, was man zu den einzelnen Gelegenheiten isst, wo man isst, wie Speisen serviert werden, wer kocht, wer an der Mahlzeit teilnimmt.
Eucharistie als sakrale Tischgemeinschaft, bei der Brot und Wein in den Leib und das Blut Christi verwandelt werden. Die Gläubigen werden durch den Akt des Essens Angehörige der sozialen Kirchengemeinde. > Gott und die Gemeinschaft werden über den Körper erfahren (Mittelalter)
Spezielle Mahlzeiten bei rituellen Festen, bei den es Speisen gibt die nur zu diesem Zeitpunkt gegessen werden (Fondue, Geburtstags/Hochzeitstorte) mit speziellem Geschirr, spezieller Menüreihenfolge, feierliche Konzentration auf den Akt des Essens
Ornamentale Küche:
Eis, heiße Liebe, Mischung von hellen und dunklen Sorten (Prinzip Männlich/Weiblich), Anordnung, Pralinen
die ornamentale Küche kommt zum Einsatz, wenn wir eine wichtige Botschaft an andere Personen vermitteln wollen. Sie stellt einen Code bereit, der kollektiv verstanden wird.


Torten als weibliche Speise mit weiblichen Zutaten: Zucker, Mehl, Eier, Fett
werden durch weibliches Zubereitungsverfahren erzeugt (backen), sind weich und ohne Messer zu essen, man braucht sie kaum kauen. Begriffsreihen wie fest, Übergangsritus, lustvolles Schlemmen ist in unserem Bewußtsein weiblich konotiert. Zudem folgen Torten dem Prinzip der ornamentalen Küche: Schichten, Kontraste, üppiges Dekor
stellen auch Gemeinschaft her, sind rund, werden gemeinschaftlich gegessen, signalisieren dass der einzelne in der Gesellschaft einen wichtigen Platz hat, Torten werden für ein Individuum gebacken und sind oft auch individuell: Maripanbotschaften und Namensschilder
selbiges Prinzip bei der Tiernahrung:
Bsp. Sheba, Werbung humanisiert, Katze als Bedeutungsträger von immerwährender Liebe und Treue
Nahrung geben heisst Liebe geben, das Futter wird zur Menschenspeise, die Speise zur Hochküche inszeniert.
In der Werbung Darstellung als Liebesmahl, mit romantischer Musik, Frau und Katze scheinen sich zu küssen, Werbung möchte, das wir eine möglichst emotionale Beziehung zum Produkt aufbauen.
SHEBA
Staatsbankett und Restaurants:
Sitzordnung meist wichtiger als das Essen selbst (wie früher in der Kirche), prestigeordnung durch spezielle Behandlung
Convinience-Produkte: Werbung muss kommunizieren, dass Zeit und Mühe gespart wird, aber die Produkte dennoch liebevoll und verantwortungsbewußt sind.
Außerdem oft Anpreisung mit hochrangigen oder sehr emotionalen Esssituationen. (Dr. oetker-Pizza: Mann und Frau versunken zu italienischer opernmusik, im Sinne eines Liebesmahls)
DR. OETKER RISTORANTE
Werthers Echte und Storck Riesen:
Mit dem Produkt kauft man sich zugleich ein Stückchen liebevolle Welt:
Erinnerung an den Geschmack der Bonbons zu kindlicher Zeit, sowie an die Liebe des Großvaters.
STORCK RIESEN
WERTHERS ECHTE
Donnerstag, 8. Januar 2009
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